Sonntag, 20.03.2005
Einwendung der BVN an das
Regierungspräsidium Darmstadt
Planfeststellung:
Planfeststellung für den Neubau der Bundesautobahn A 66
Wiesbaden / Frankfurt am Main / Hanau / Fulda(A7)
Teilabschnitt Tunnel Riederwald einschl. des Autobahndreiecks Frankfurt-Erlenbruch
(A66/A 661) als Teil des Autobahnkreuzes Frankfurt Ost und der Anschlussstelle
Frankfurt-Borsigallee (A66/K 870)
Einwendung
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebt die Bürgervereinigung Nordend e.V. gegen den Weiterbau
der Bundesfernautobahn A66 Wiesbaden – Frankfurt – Fulda/A7
einschließlich der Realisierung des Autobahnkreuzes Frankfurt
Ost (A66/661) auf Frankfurter Gebiet im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens
fristgerecht Einwendung.
Die Bürgervereinigung Nordend e.V. wurde vor über zwanzig
Jahren gegründet. Zweck des Vereins ist die Pflege, Erhaltung und
Förderung des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes in Frankfurt,
insbesondere im Stadtteil Nordend einschließlich Günthersburgpark,
Wasserpark, Haupt- und Bornheimer Friedhof sowie aller Kleingartenanlagen.
In diesem Sinne ist das besondere Anliegen der BVN die rechtzeitige
und ausreichende Information der Bürgerinnen und Bürger über
geplante Städtebaumaßnahmen, die Einflussnahme auf die Stadt-
und Verkehrsplanung durch eine bessere Einbindung und Berücksichtigung
der Interessen der Bevölkerung sowie die Verbesserung der Wohnqualität,
vor allem durch die Reduzierung der Abgas- und Lärmbelastung in
Frankfurt und speziell im Stadtteil Nordend.
Die Bürgervereinigung Nordend e.V. hat sich eingehend mit den Unterlagen
der Planänderungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für
die Bundesfernautobahn A 66 Teilabschnitt Autobahntunnel Riederwald
und den dazugehörenden Autobahnprojekten befasst.
Auf Grundlage der Vereinssatzung hat der Vorstand der Bürgervereinigung
Nordend e.V. im März 2005 beschlossen, dieses Projekt und die
vorliegenden Planänderungen im Namen der BVN-Mitglieder als völlig
unzureichend erneut abzulehnen und im Rahmen des o.g. Planfeststellungsverfahrens
form- und fristgerecht die nachfolgend benannten Einwendungen gegen
die vorgelegte Planung zu erheben und Anträge zur Abänderung
der Planung zu stellen. Darüber hinaus hält die BVN alle bisher
vorgetragenen Einwendungen auch im Namen der von unserem Vorstandsmitglied
Friedhelm Ardelt-Theeck vertretenen Sammeleinwendern in vollem Umfang
aufrecht.
Begründung:
Mit dem Anschluss der Autobahn A66 an die A661 entsteht das Autobahnkreuz
Frankfurt Ost inmitten eines dichtbesiedelten Wohngebiets, direkt neben
angrenzenden Wohnhäusern, Krankenhäusern, Sportstätten,
Schulen, Kindergärten, Grün- und Naherholungsgebieten, die
zu unserem unmittelbaren Lebensumfeld gehören. Die Bürgervereinigung
Nordend hält es für untragbar und unverantwortlich, dass ein
Autobahnkreuz mitten in ein Wohngebiet gebaut wird, angesichts der Tatsache,
dass in ummittelbarer Nähe des Frankfurter Kreuzes im Stadtwald
aus lufthygienischen und lärmtechnischen Gründen keine Wohngebiete
ausgewiesen und keine der oben genannten Einrichtungen genehmigt werden
dürfen. Durch das Straßenbauprojekt kommt es zu einer drastischen
Verkehrszunahme im gesamten Frankfurter Osten (ca. 60.000 Kfz täglich
mehr) - vor allem nachts - begleitet von bisher hier nicht vorhandenem
Fern- bzw. Transitverkehr, der quer durch Frankfurt geleitet wird. Dies
lehnen die Mitglieder der Bürgervereinigung Nordend e.V. ab und
fordern ein integriertes Gesamtverkehrskonzept für das
Rhein-Main-Gebiet und Frankfurt am Main und dem Frankfurter Osten im
Speziellen.
Der Schutz vor Lärm und Schadstoffen ist entlang des vorgesehenen
Trassenverlaufs völlig unzureichend oder gar nicht vorhanden. Der
nun zusätzlich geplante Lärmschutz westlich des Autobahndreiecks
Erlenbruch soll lediglich die Grenzwerte für die Hallgartenschule
einhalten, ändert aber nichts an der totalen Verlärmung und
extremen Belastung mit Schadstoffen nicht nur dieser unmittelbar betroffenen
Schule, sondern aller östlichen Stadtteile: Bornheim, Nordend,
Seckbach, Riederwald, Fechenheim, Bergen-Enkheim. Da die Bevölkerung
des gesamten Frankfurter Ostens, zu welcher auch die Mitglieder der
BVN gehören, ihre Fenster auch abends und nachts öffnen und
sich auch in den übrigen Räumen ihrer Wohnungen aufhalten,
reichen die nur für Schlafzimmer vorgesehenen Schallschutzfenster
der von Grenzwertüberschreitung betroffenen Bereiche mit Blick
auf den heißen Sommer 2003 auf gar keinen Fall aus.
Infolge der zu erwartenden dauerhaften extremen Lärm- und Schadstoffemissionen
rund um das Autobahnkreuz Frankfurt Ost und an den Tunnelausfahrten
in unmittelbarer Nähe unserer Wohnungen bzw. unseres Lebensbereichs
befürchten wir gravierende Beeinträchtigungen unserer Gesundheit,
der Wohnqualität und unseres sozialen Umfelds, da aufgrund geltender
EU-Richtlinien für Luftreinhaltung und Lärmminderung mit Schließung
und Sperrung aller oben genannten Einrichtungen und Gebiete verbunden
mit gravierender Wertminderung aller Grundstücke und Häuser
im Umfeld der Autobahnen sowie mit Setzungsschäden und Vernässung
durch Grundwasserstörungen und einer starken Bevölkerungsfluktuation
zu rechnen ist.
Auch die neue Verkehrsuntersuchung weist wieder schwere Fehler auf und
kann ebenso wie die vorhergehende Untersuchung nicht akzeptiert werden.
So weichen die dem Planfall 2015 als Basis dienenden Ergebnisse des
Analyse-Nullfall 2003 entgegen der Darstellung im Nahbereich in eklatanter
Weise (bis zu 100%!) von den tatsächlichen Verkehrsbelastungen
ab. Dadurch sind die Prognosewerte für den Prognose-Nullfall 2015
einerseits und den Prognose-Planfall 2015 wertlos. Somit ist eine völlig
neue Verkehrsuntersuchung auf Basis der tatsächlichen bzw. aktuellen
Verkehrsbelastungen zu erstellen.
Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass im Planänderungsverfahren
nur noch die Variante 1 ohne A66 Alleentunnel dargestellt wird,
obwohl im Hauptverfahren der Planung auch die Variante 2 mit
A66 Alleentunnel Teil der Planung ist. Dass mit keinem Wort auf diese
gravierende Planänderung hingewiesen wird, ist ein nicht hinnehmbares
Vorgehen mit schwerwiegenden Folgen insbesondere im Zusammenhang mit
den von der Verkehrsuntersuchung abhängigen schalltechnischen und
lufthygienischen Untersuchungen. Während im Hauptverfahren noch
die Variante 2 mit Alleentunnel als Grundlage für die
vorgenommen Lärm- und Schadstoffuntersuchungen dient, wird diese
nun ohne Hinweis einfach unterschlagen und die niedrigeren Prognosewerte
der Variante 1 ohne Alleentunnel für die Berechnungen
herangezogen. Dadurch wurden die zu erwartenden Lärm- und Schadstoffimmissionen
auf nicht hinnehmbare Weis heruntergerechnet.
Nur auf diese Weise wird erreicht, dass die Lärmbelastung der Kleingärten
am Bornheimer Hang, der Hallgartenschule etc. durch die zusätzlichen
Lärmschutzwände am Westrand des AD Erlenbruch angeblich soweit
reduziert wird, dass das Projekt den bundeseinheitlichen immissionsrechtlichen
Vorgaben genügt. Noch im Anhörungsverfahren wurde bestätigt,
dass an den Hochhäusern der Inheidenerstraße in Bornheim
trotz der zuvor neu zugrunde gelegten 4m hohen Lärmschutzwand die
Nachtgrenzwerte überschritten würden. Bei den neuen Berechnungen
liegen erstaunlicher Weise jedoch deren berechnete Immissionswerte wieder
unter dem Grenzwert. Folglich gehen wir davon aus, dass bei Anschluss
des Alleentunnels bzw. einer provisorischen Autobahnspange, die wie
der „Riederwaldtunnel“ Teil des Bundesfernstraßengesetzes
sind sowie auf der Basis des neuen Prognosehorizonts 2015, die Belastungen
wesentlich höher liegen und die Grenzwerte an der Wohnbebauung
entlang des Bornheimer Hangs in Wahrheit, selbst auf Grundlage der im
Hauptverfahren vorgenommenen und von der BVN als unzureichend kritisierten
Berechnungsmethode, überall überschritten werden.
Dies ist besonders gravierend, da der Anschluss der A66 Fulda - Frankfurt/Riederwaldtunnel
an die A661 diese seit 25 Jahren planfestgestellte Autobahnverbindung
ins Nordend nachweislich absolut voraussetzt. Ohne Alleentunnel (A66)
bzw. der sogenannten Autobahnspange (A66) käme es - wie bei der
Anhörung 2003 – seitens der BVN ausführlich dargelegt
zu einem Verkehrschaos im gesamten Frankfurter Osten! Nicht umsonst
ließ die Stadt Frankfurt im Einvernehmen mit dem Land Hessen für
teures Geld alternativ eine Tunnelverbindung als Verlängerung dieser
Spange unter der Fachhochschule Frankfurt bis zur Nibelungenallee planen
und in den Gesamtverkehrsplan für Frankfurt aufnehmen.
Nicht nachvollziehbar ist jedoch in diesem Zusammenhang die Tatsache,
dass beispielsweise die berechneten Lärmimmisionen in der Riederwaldsiedlung
um bis zu 5 dB unter den im Hauptverfahren dargestellten Berechnungen
liegen. Hier werden die Taggrenzwerte plötzlich im Vergleich zum
Hauptverfahren gar nicht mehr überschritten und die Nachtwerte
in geringerem Umfang als ursprünglich berechnet. Dies obwohl die
Verkehrsmenge auf der A 66 westlich des Riederwaldtunnels in etwa der
für das Jahr 2010 prognostizierten Verkehrsmenge mit Alleentunnel
entspricht. Da wir voraussetzen, dass die vorgeschriebene Berechnungsweise
dieselbe ist, müssen wir davon ausgehen, dass auch die neu vorgenommene
schalltechnische Berechnung in sich fehlerhaft ist.
Darüber hinaus sind die aktualisierten Lärm- und Schadstoffuntersuchungen
auch unbrauchbar, weil sie folgende Gesichtspunkte unberücksichtigt
lassen: U.a. Inversionswetterlagen, Staus, Überhol- und Beschleunigungsvorgänge
an Steigungsstrecken, Autobahnauffahrten und -rampen, überhöhte
Geschwindigkeit, 70%-ige Zunahme des Schwerlastverkehrs und nächtlicher
Transitverkehr, oder Faktoren wie Mehrfachreflexionen. Wir bezweiflen
außerdem die zu Grunde gelegte Halbierung des Schadstoffausstoßes
durch die EU-Normen III und IV. Alle diese Aspekte werden mit Gewissheit
für erheblich höhere Lärm- und Schadstoffemissionen -
als offiziell berechnet wurde - sorgen und vor allem am künftigen
Autobahnkreuz und den Tunnelenden zu drastische Grenzwertüberschreitungen
führen. Schon heute sorgen gerade die Autobahnen in Frankfurt dafür,
dass die Hintergrundbelastung die geltenden Schadstoffgrenzwerte erreicht.
Daher ist die vorliegende Planung nicht mit den heute geltenden und
in Zukunft weiter sich verschärfenden EU-Richtlininen zur Luftreinhaltung
zu vereinbaren. Deshalb lehnt die BVN im Interesse ihrer Mitglieder
und der betroffenen Bevölkerung im Frankfurter Osten das gesamte
Projekt ab bzw. fordert die völlige Einhausung sowie vollständige
Abgasreinigung des gesamten Autobahnkreuzes incl. der Autobahnen A66
und A661 innerhalb des gesamten östlichen Stadtgebietes.
Wie schon im Hauptverfahren wird die Funktionsfähigkeit des Anschlusses
der A66 Tunnel Riederwald an die A661 ohne A66 Alleentunnel bzw. A66
Autobahnspange ins Nordend in keiner Weise dargelegt. Auch insofern
ist die Verkehrsuntersuchung völlig wertlos und neu zu erstellen.
Interessanter Weise kommt die vorliegende Verkehrsuntersuchung jedoch
zu dem Ergebnis, dass die Verkehrsbelastung im Frankfurter Osten insgesamt
gegenüber heute im Prognose-Nullfall 2015 zurückgeht. Damit
entzieht die vorliegende Untersuchung dem Projekt selbst die eigentliche
Planungsgrundlage.
Da die oberirdische Verkehrsführung nicht Teil der Planfeststellung
ist, kann die BVN die prognostizierte Halbierung der Verkehrsbelastung
am Erlenbruch als auch andere Reduzierungen in anderen Bereichen nicht
als vorausgesetzt akzeptieren. Diese werden laut Erläuterung der
Planer während der Anhörung 2003 nur aufgrund gezielter Vorgaben
hinsichtlich spezieller Verkehrsberuhigungsmaßnahmen erreicht,
sind jedoch völlig unverbindlich und insofern uninteressant. In
gleicher Weise werden auch Forderungen bezüglich Geschwindigkeitssenkender
Maßnahmen von der Behörde mit Verweis auf die Nichtzuständigkeit
abgewiesen. Wie schon in der Prognose des Generalverkehrsplan (GVP)
für den Planungsverband Rhein-Main sagt auch die Prognose des GVP
der Stadt Frankfurt voraus, dass der Autobahntunnel A 66 Riederwald
nicht zu einer spürbaren Entlastung der Straße Am Erlenbruch
führt; erst recht unter dem Gesichtspunkt, dass ein Verkehrschaos
bei Anbindung ohne Alleentunnel bzw. Autobahnspange ins Nordend unvermeidbar
sein wird. Somit ist auch diese Rechtfertigung für die Planung
entzogen und beweist, dass andere Interessen (u.a. Entlastung der Autobahnen
A3 und A5) dahinterstehen.
Die Bürgervereinigung Nordend e.V. verweist in diesem Zusammenhang
mit Nachdruck auf die Beschlüsse der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung
vom 19. Dezember 2002, in welchen die Stadtverordnetenversammlung die
Projekte Alleentunnel einschließlich jeglicher Form einer Autobahnverbindung
ins Nordend samt Autobahndreieck Seckbach und Ausbau der Ostumgehung
auf zwei Richtungsfahrbahnen ablehnt. Da der achtspurige Ausbau der
Ostumgehung jedoch eine absolute Voraussetzung für den Anschluss
des sechs- bis achtspurigen Autobahntunnels A 66 Riederwald darstellt,
kann die Anbindung der A 66 an die A 661 in der geplanten Form nicht
erfolgen. Zudem besagt dieser Beschluss, der Teil der offiziellen Stellungnahme
der Stadt Frankfurt ist, dass seitens der Stadt Frankfurt keine Zustimmung
zum Bau des Autobahntunnels Riederwald erfolgen darf, ohne dass die
Stadtteile Bornheim und Bergen-Enkheim entlang der bereits planfestgestellten
und in Betrieb befindlichen Autobahnabschnitte der Ostumgehung A 66/661
bzw. A 66 optimal vor Lärm und Schadstoffemmissionen nach modernen
Standard geschützt werden. Da die Planänderungen auf diese
Forderungen nicht eingehen (Diesbezüglich hält die Planungsbehörde
die zu erwartenden zusätzlichen Lärmbelastungen - es muss
mit einer Zunahme von bis zu 12 dB gerechnet werden, was einer Versechszehnfachung
der heutigen Lärmemmissionen entspricht! - tatsächlich
für zumutbar!) und - laut Aussage des Amtes für Straßen-
und Verkehrswesen Frankfurt bei der Anhörung 2003 - gegen den erklärten
Willen einer Kommune kein Projekt seitens des Bundes durchgesetzt wird,
entfällt eindeutig die Planungsgrundlage für das Projekt „Riederwaldtunnel“.
Mit Hinweis auf die dargelegten Gründe behält sich die Bürgervereinigung
Nordend e.V. vor, mit allen zur Verfügung stehenden juristischen
Mitteln gegen dieses unverantwortliche Fernstraßenprojekt vorzugehen.
Die Bürgervereinigung Nordend e.V. schließt sich in vollem
Umfang den Einwendungen des BUND Hessen, des VCD Frankfurt und der Bürgervereinigung
Seckbach e.V. an.
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Ardelt-Theeck
Vorstandsmitglied
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